Die Musik


Tommy - The Who


EIN STÜCK MUSIKGESCHICHTE

Mit ihrem Auftritt beim legendären Woodstock-Festival schrieben The Who 1969 an einem bedeutenden Stück Musikgeschichte mit. Einige Wochen vor diesem Auftritt lieferten sie mit der Veröffentlichung des Konzept-Albums Tommy aber bereits ein ganz eigenes Kapitel der großen Rock-Historie ab – und gleichzeitig eine der ersten und bedeutendsten Rock-Opern überhaupt. 

Fast alle Songs wurden von Gitarrist Pete Townshend komponiert, der schon drei Jahre zuvor die Idee zu dem Konzept-Album hatte. Zum Inhalt der Geschichte inspirierte Townshend auch die Lehre des indischen Mystikers und Gurus Meher Baba. Dem Erfolg des Albums folgten eine Verfilmung des Stoffs 1975 mit Tina Turner und Elton John in Gastrollen, sowie Inszenierungen als Musical und Ballett.

Zum 20-jährigen Jubiläum des Albums absolvierten The Who 1989 eine spektakuläre Tournee, auf der die Band unter anderem von Schlagzeuger Simon Philipps und John Douglas "Rabbit" Bundrick an den Tasten unterstützt wurde. Legendär ist ein Abend im Laufe dieser Tournee, an dem sich dann auch noch illustre Gäste wie Elton John, Phil Collins, Steve Winwood, Patti LaBelle und Billy Idol auf der Bühne dazu gesellten.

DIE GESCHICHTE VON TOMMY WALKER

Es ist die Zeit des ersten Weltkriegs. Captain Walker und seine Frau Nora sind frisch verheiratet. Doch das Glück der beiden währt nur kurz. Der Air Force Pilot Walker wird zu einem Einsatz befohlen, stürzt mit seinem Flugzeug ab und bald erhält Nora die Nachricht, dass ihr Mann als verschollen gilt und man nicht erwartet, ihn und seine Kameraden wiederzufinden. Kurz darauf kommt ihr gemeinsamer Sohn Tommy Walker auf die Welt.

Einige Jahre später lernt Nora in einem Feriencamp den Lebemann Frank kennen und gibt sich seinen Avancen hin. 1921 schlägt Frank Nora vor zu heiraten, als unvermittelt der lange verschollene Captain Walker heimkehrt und die beiden im Schlafzimmer überrascht. Bei der Auseinandersetzung erschlägt dieser den Liebhaber seiner Frau. 
Der kleine Tommy wird Zeuge der Tat. Seine Eltern beschwören ihn mehrfach, es nicht gehört zu haben, es nicht gesehen zu haben, in seinem Leben niemandem etwas zu sagen. Daraufhin wird Tommy taub, stumm und blind. Von nun an lebt er nach außen teilnahmslos vor sich hin, isoliert in seiner eigenen Welt. Doch bleibt die Frage: „how can he be saved / from eternal grave?“
Als junger Mann wird Tommy einigen z. T. fragwürdigen Heilungsversuchen unterzogen. Seine Mutter bringt ihn in einen Tempel, in dem ein Prediger seine überlebensgroße Statue einer sinnlichen Frau anpreist, die „eyesight to the blind“ bringe – als Tommy die Statue anfasst, stürzt das Götzenbild um und zerbricht. 
Als Nächstes bringt ihn sein Vater zu der mit LSD arbeitenden Acid Queen, die Tommy die Droge verabreicht und damit bei ihm ekstatische Bewusstseinszustände mit einer Phantasmagorie in Bildern auslöst. Nach dem Rausch aber bleibt nur, dass Tommy nicht geheilt ist.
Seine Eltern überlassen ihn sodann zur Beaufsichtigung nacheinander seinen perversen Verwandten Cousin Kevin und Onkel Ernie, die ihn jeder auf seine Weise misshandeln.
Als Tommy eines Tages in der Wohnung vor dem Spiegel steht, erscheint ihm sein Selbst, das er trotz Blindheit zu sehen vermag. Die Erscheinung führt ihn aus der Wohnung bis auf einen Schrottplatz, wo er einen Flipperautomaten findet. Er fängt wie besessen an zu spielen. Durch sein Flipperspiel wird er bald berühmt. Ohne sehen und hören zu können spielt er meisterhaft mittels seiner Intuition, in einem großen Duell schlägt er den amtierenden Champ Pinball Wizard, der am Ende resignierend eingesteht: „I thought I was the bally table king, / but I just handed my pinball crown to him.“
Tommy ist Weltmeister im Flipperspiel. Zahlreiche Anhänger scharen sich um ihn. Von Tommys Erfolgen profitierend führen seine Eltern nun ein extravagantes, von übermäßigem Alkoholgenuss geprägtes Leben. 

Sie lassen ihn immer wieder mit seinem Onkel Ernie alleine, der ihn weiterhin missbraucht.
Andererseits leidet Nora aber unter der Behinderung ihres Sohnes. Ein Doktor, den das jetzt zahlungskräftige Ehepaar konsultiert, kann an dessen Gesundheitszustand nichts ändern, stellt aber fest, dass die Behinderung psychosomatisch bedingt ist und Tommys Sinne eigentlich funktionieren sollten.
Bei einem Streit mit seiner Mutter, die verzweifelt ist über das von ihr mitverursachte Trauma, schleudert sie ihn unbeabsichtigt gegen den Spiegel. Tommy stürzt durch den zerbrechenden Spiegel hindurch, vereinigt sich wieder mit seinem Selbst und erlangt seine Befreiung. Er kann wieder sehen, hören und sprechen. Er ist zunächst geblendet, hält seine Hände schützend vor die Sonne, dann aber erkennt er: „I’m free!“.
Tommy’s Anhänger sehen in ihm nach seiner Wunderheilung den neuen Messias. Als Zeichen ihrer Verehrung tragen viele von ihnen ein kreuzähnliches Symbol, ein hölzernes T mit einer Flipperkugel auf dem Querbalken. Und Tommy versteht es als seine Aufgabe, seine Anhänger zu dem von ihm erreichten Ziel der Befreiung zu führen.
Für die in Scharen eintreffenden Gefolgsleute wird Tommy’s Haus allerdings schnell zu klein. Er verwirklicht sich endlich seinen Kindheitstraum und errichtet sein eigenes Camp: Tommy’s Holiday Camp. Dort verbreitet Tommy seine Lehre auf der Grundlage eines mit Ohrenstöpseln und Augenbinden ausgeführten Flipperspiels.

Indes treten bald Spannungen auf: Tommy’s Familie kommerzialisiert seine Botschaft und verkauft Tommy-T-Shirts und andere Fanartikel. Tommy bleibt zwar seinen Grundideen treu, aber seine Anhänger finden die erhoffte Befreiung und Erleuchtung nicht. Wegen der rücksichtslosen Ausbeutung der Jünger bis auf den letzten Penny wenden sich diese gegen den Messias. Sie zerstören das Camp und töten Tommy’s Eltern. 
„We're Not Gonna Take It“.
Alleine, geläutert und somit 'erleuchtet' bleibt Tommy zurück. 


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